Pietismus

Der Pietismus ist die bedeutendste Reformbewegung des Protestantismus seit der Reformation. Primär als Frömmigkeitsbewegung entstanden, hat sich der Pietismus besonders in der durch Philipp Jakob Spener (1635-1705) und August Hermann Francke (1663-1727) geprägten Form zu einer sozialen Reformbewegung entwickelt, die beträchtlichen Einfluss auf das Armen- und Fürsorgewesen, die Pädagogik und den Bereich medizinischer Institutionen ausübte und sich binnen weniger Jahre über die ganze damals bekannte Welt erstreckte.
Halle ist stets ein Zentrum der internationalen Pietismusforschung gewesen. Anziehungs- und Kristallisationspunkt dafür waren und sind die Franckeschen Stiftungen mit ihrem Archiv und der Bibliothek, deren Benutzerbücher und Korrespondenz wissenschaftliche Beziehungen in alle Welt nachweisen.

Gründung und Aufgaben des Zentrums

Im Dezember 1993 wurde durch Beschluss des Akademischen Senats der Martin-Luther-Universität das Interdisziplinäre Zentrum für Pietismusforschung mit Sitz in den Franckeschen Stiftungen gegründet. Das Zentrum hat die Aufgabe, die sozialen und wissenschaftlichen Reformideen des Pietismus, vor allem des hallischen, seine Strukturen, Organisationsformen und weltweiten Verbindungen zu untersuchen. Auch die Leistungen pietistisch geprägter Persönlichkeiten auf den Gebieten des kirchlichen Lebens, der Armenfürsorge, der Mission, Bibelwissenschaft, Medizin und Pharmazie, des Schulwesens und des akademischen Unterrichts, der Kunst und Musik sowie des Buchhandels und Verlagswesens sollen erforscht werden.

Das Direktorium

Das Zentrum wird von einem Direktorium geleitet, dem zur Zeit neben dem Geschäftsführenden Direktor, Prof. Dr. Daniel Cyranka, und dem Direktor der Franckeschen Stiftungen, Prof. Dr. Thomas Müller-Bahlke, noch neun weitere mit der Pietismusforschung befasste Professorinnen und Professoren der Martin-Luther-Universität angehören. Eine Kooperation mit Forscher/innen auch aus anderen für die Pietismusforschung relevanten Disziplinen ist erwünscht.
Direktorium und wissenschaftliche Mitarbeiter/innen vertreten derzeit die Fächer Theologie, Germanistik, Musikwissenschaft, Geschichte, Pädagogik, Slavistik, Kunstgeschichte, Religionswissenschaften und Sprachwissenschaft.

Die Arbeit des Zentrums

Zu den grundlegenden Aufgaben des Zentrums gehört die Entwicklung, Organisation und Durchführung interdisziplinärer Forschungsvorhaben zur Geschichte sowie zur Wirkungs- und Rezeptionsgeschichte des Pietismus. Übergreifende Aspekte werden in halbjährlich tagenden Arbeitskreisen diskutiert (z.Zt. zu den Bereichen Gender und Pietismus, Pietismus, Medizin und Literatur sowie Pietismus, Literatur und Musik). Im Auftrag der Historischen Kommission zur Erforschung des Pietismus wird das Jahrbuch "Pietismus und Neuzeit" redaktionell betreut.

In einem monatlich stattfindenden Forschungskolloquium werden von in- und ausländischen Referenten und Referentinnen aktuelle Arbeiten und Ergebnisse vorgestellt und diskutiert.

International anerkannte Wissenschaftler/innen treffen sich jeweils zu einem Arbeitsgespräch im Frühjahr und einer größeren Tagung im Herbst, um sich über neue Tendenzen der Pietismusforschung auszutauschen.

Seit Oktober 2006 ist das IZP am mit Mitteln des Landes Sachsen-Anhalt geförderten Landesforschungsschwerpunkt "Aufklärung – Religion – Wissen. Transformationen des Religiösen und des Rationalen in der Moderne" (www.arw.uni-halle.de) beteiligt.

Internationale Graduiertenschule:
"Verbindlichkeit von Normen der Vergesellschaftung"
seit Oktober 2018
Sprecher: Heiner F. Klemme, Phil. Fakultät I der MLU, Institut für Ethnologie und Philosophie und Andreas Pečar, Phil. Fakultät I der MLU, Institut für Geschichte
Themenbeschreibung unter
http://www.arw.uni-halle.de/graduiertenschule/graduiertenschule.htm

Vom 28.8.-1.9.2001 hat in Halle der Erste Internationale Kongress für Pietismusforschung stattgefunden, vom 28.8.-1.9.2005 der Zweite, der Dritte vom 30.8.-2.9.2009, der Vierte vom 25.-29.08.2013 und der Fünfte vom 26.-29.08.2018.

Interdisziplinäre Lehrangebote richten sich vorwiegend an Studierende der Martin-Luther-Universität, stehen aber nach Absprache weiteren Interessenten offen. In Zusammenarbeit auch mit Forschern anderer Universitäten können fächerübergreifend angelegte Qualifikationsarbeiten am IZP betreut werden.

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