DIE "NEUE KREATUR"
Pietismus und Anthropologie
Erinnerung – Erneuerung – Erwartung
28. August - 1. September 2005
Franckesche Stiftungen zu Halle an der Saale
Wissenschaftliche Betreuung:
Dr. Erik Dremel M. A.
Interdisziplinäres Zentrum für Pietismusforschung
der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
D-06099 Halle/Saale
Tel. +49 (0) 345 5523072
Fax. +49 (0) 345 5527238
E-Mail: erik.dremel@theologie.uni-halle.de
Organisatorische Betreuung:
Annegret Jummrich
Interdisziplinäres Zentrum für Pietismusforschung
der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
D-06099 Halle/Saale
Tel. +49 (0) 345 5523071
Fax. +49 (0) 345 5527238
E-Mail: annegret.jummrich@pietismus.uni-halle.de
Vom 28. August bis zum 1. September 2005, im Jahr des 450. Geburtstages von Johann Arndt und des 300. Todestages von Philipp Jakob Spener, hat in Halle a.d. Saale der II. Internationale Kongreß für Pietismusforschung stattgefunden.
Wie der erste Kongreß, an dem im Spätsommer 2001 300 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus 19 Nationen teilgenommen hatten, wurde auch der zweite Kongreß gemeinsam von der Historischen Kommission zur Erforschung des Pietismus, von den Franckeschen Stiftungen zu Halle sowie – wiederum federführend in Planung, Organisation und Durchführung – vom Interdisziplinären Zentrum für Pietismusforschung der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (IZP) ausgerichtet. Im Unterschied zum ersten Kongreß, bei dem bewußt auf eine thematische Engführung verzichtet wurde, wies der zweite die im Titel angezeigte inhaltliche Perspektivierung auf das Verhältnis von Pietismus und Anthropologie aus, die gleichwohl und entsprechend der 'Internationalität' und 'Interdisziplinarität' des historischen Phänomens einen weiten Horizont denkbarer Beiträge eröffnet hat. Die bewährte Kongreßstruktur mit übergreifenden Hauptvorträgen und Sektionsreferaten wurde in gewollt kleinerem Format beibehalten. 203 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Deutschland, aus dem europäischen und außereuropäischen Ausland haben – vortragend und/oder diskutierend – am Kongress teilgenommen.
Die im Frühjahr 2003 vom wissenschaftlichen Beirat und vom Direktorium des IZP beratene und
beschlossene thematische Focussierung hat zum einen der 'anthropologischen Konjunktur' in der
disziplinären und der interdisziplinären human- und kulturwissenschaftlichen Forschung Rechnung
getragen und den aus der historischen Konstellation (vor allem in Halle) nahe liegenden Dialog
mit der Aufklärungsforschung vertieft und intensiviert.
Zugleich und zum andern wurde über das im Titel zitierte neutestamentliche Bibelwort von der
"neuen Kreatur" die Erschließung und Konturierung von anthropologischen Konzepten
angesprochen, die der Pietismus in seinen historischen und regional-territorialen sowie in seinen
'fachlichen' Ausprägungen rezipiert, die er entwickelt und – in unterschiedlichen Textsorten
und literarischen Gattungen – formuliert hat, um einen bemerkenswerten Beitrag zur
'anthropologischen Wende' im 18. Jahrhundert zu leisten.
Der Untertitel "Erinnerung – Erneuerung – Erwartung" bezog das Bibelwort von der "neuen Kreatur" auf für den Pietismus und für das, was pietistische Anthropologie zu nennen wäre, zentrale Leitkategorien: die "Erinnerung" ebenso an paradiesische und urchristliche Zeiten wie an die Verderbtheit und Sündhaftigkeit der menschlichen Natur, die "Erneuerung" zur "neuen Kreatur" und zum 'Kind Gottes' durch die den 'alten Adam' vernichtende, den Menschen von Grund auf verändernde Kraft des tätigen Glaubens, der praxis pietatis, und die göttliche Gnade und schließlich die "Erwartung" bzw. "Hoffnung besserer Zeiten" und der "Generalreformation der Welt", die ihre Erfüllung im 1000-jährigen Reich Christi finden.
In Haupt- und Sektionsreferaten wurden u.a. thematisiert (1.) Kontextualisierungen pietistischer Anthropologien im Zeitalter der europäischen Aufklärung und der 'anthropologischen Wende' im 18. Jahrhundert; (2.) Form, Aufbau und Abzweckung und (3.) das Verhältnis von Rezeptivität und Produktivität, von Tradition und Innovation in pietistischen Anthropologien; (4.) Übereinstimmungen und Korrespondenzen, Spannungen und Widersprüche innerhalb von und zwischen anthropologischen Entwürfen in theologischen, pädagogischen, medizinisch-psychologischen, in psychagogischen und diätetischen sowie ästhetischen Theoriebildungen des Pietismus; (5.) geschichtstheologische oder geschichtsphilosophische Rahmungen und Funktionalisierungen von bzw. geschichtstheologische oder geschichtsphilosophische Elemente in pietistisch-anthropologischen Konzepten; (6.) der Durchsetzungsanspruch und die tatsächliche Durchsetzung pietistisch-anthropologischer Konzepte in der Frömmigkeits- und Glaubenspraxis, in der Erziehung, der Bildung und der Soziabilisierung des Einzelnen und der Vergemeinschaftung bzw. der Gestaltung sozialer Gruppen sowie (7.) die Wirkungen und Rezeptionen anthropologischer Konzepte des Pietismus in den Geistes-, in den Humanwissenschaften und in den Künsten seit dem 18. Jahrhundert.
Die Veranstaltungen im Plenum und die Vorträge der einzelnen Sektionen finden Sie im Tagungsprogramm.