Freitag, 5. November 1999, 21.30 Uhr
im Opernrestaurant
im Anschluß an die Aufführung "Jakob Lenz"
(Kammeroper von Wolfgang Rihm)
Eine szenische Lesung des Briefwechsels
zwischen Christian David Lenz
und Gotthilf August Francke
Aus Handschriften erarbeitet und präsentiert von Mitarbeitern
des
Interdisziplinären Zentrums
für Pietismusforschung der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
in
Verbindung mit den Franckeschen Stiftungen zu Halle
Es lesen:
Heinrich Löber (Christian David Lenz)
Christel Butterweck (Gotthilf August Francke)
Veronika Albrecht Birkner (Jakob Michael Reinhold Lenz und Ferdinand – aus dem "Hofmeister")
Ulrike Harnisch (Major von Berg – aus dem "Hofmeister" / Überraschungsgast)
Christian Soboth (Hofmeister Läuffer)
Der eine, der vermeintlich starke Vater, ist über den Nachruhm
seines Sohns in Vergessenheit geraten; der andere, der vermeintlich schwache
Sohn, ist nie aus dem Schatten seines Vaters getreten.
Jakob Michael Reinhold Lenz' Vater, Christian David (1720-1798), ein vom hallischen
Pietismus geprägter Pfarrer im Livländischen, im heutigen Baltikum,
steht im Ruf, ein wahrer Tyrann und mitverantwortlich für den seelischen
Ruin und frühen Tod seines Sohns gewesen zu sein.
August Hermann Franckes Sohn, Gotthilf August (1696-1769), der 1727 mit der
Leitung der Stiftungen ein schweres Erbe antritt, steht in dem nicht weniger
zweifelhaften Ruf, kein gleichwertiger Nachfolger seines Vaters gewesen zu sein.
Die Briefe, die in den Jahren 1747-1757 zwischen Glaucha und Livland gewechselt
wurden, zeigen ein anderes Bild: Vater Lenz scheint weder ein Tyrann noch ein
schlechter Vater gewesen zu sein, im Gegenteil: Er fürchtet seine Gemeinde
und die umtriebige Konkurrenz der Herrnhuter Pietisten, er macht sich eingehend
Gedanken über die Erziehung seiner Kinder; Sohn Francke gibt sich generös,
souverän, ein Mann mit Überblick, ganz der Herr Direktor.
Kommentiert werden die Briefe von Jakob Michael Reinhold und einigen seiner
Dramenfiguren, die selbst anwesend sein werden, sowie von einem Überraschungsgast,
der im eisigen Winter 1756 – wie ein Postpaket – von Halle nach Livland verschickt
wurde.